Die letzten paar Wochenenden waren aus Schönwetterfahrer-Sicht wirklich zu vergessen. Und heute war es nicht anders. Hochnebel und vom Regen aufgeweichter Boden, Temperaturen knapp über 10 Grad auf 1.000 Meter Meereshöhe, am Ausgangspunkt unserer Tour.
Und trotzdem, ausgerüstet mit langen Hosen, warmen Socken, Oberbekleidung in drei Schichten, Buff unterm Helm und Fingerhandschuhen ging es zur Premiere eines neuen Bikes. Das soeben erworbene Specialized Epic S-Works Mod. 2012 eines Freundes sollte zum Vergleichstest 26 gegen 29 Zoll antreten. Und noch zwei Bikes, ein Cannondale Scalpel 26 Zoll, rund 3 Jahre alt und das 2012er Scalpell in 29 Zoll sollten die Fahreindrücke abrunden.
Ich muss es nicht wiederholen, mein Scott Spark Premium 2012 sitzt wie angegossen und hat seine Feuertaufe den ganzen Sommer über zur vollen Zufriedenheit abgeliefert. Zum direkten Vergleich angetreten ist eines der heißesten Teile von Specialized, das Epic S-Works mit Top Ausstattung, Shimano XTR Gruppe, Brain Federung, superleichten Roval Felgen und Reifen von Specialized (Test des Modells 2013 vom 20. Aug. 2012).
Zu den Vor- und Nachteilen der beiden Laufrad-Standards ist in der Fachliteratur schon sehr viel geschrieben worden. In meinem Beitrag vom 13. Feb. 2012 hatte ich diese so zusammen gefasst: "verbesserte Klettereigenschaften, mehr Grip durch größere Auflageflächen, leichteres Überfahren von Hindernissen, mehr Laufruhe bergab, das sind die Argumente für die "Großen". Die Nachteile sind klar das höhere Gewicht (ein 26er Bike wiegt heute bei gleicher Ausstattung rund 1,5 - 2 Kilogramm weniger), das Trägheitsmoment der größeren Räder bei Kurvenfahrt und Beschleunigung und die geringere Agilität generell".
Diese Nachteile schwinden mit dem Fortgang der Entwicklungen von superleichten Laufrädern und Reifen, der Verwendung von Steckachsen für mehr Steifigkeit und der immer kompakteren Rahmengeometrien. Testet man das jeweilige Top Modell, dann ist die Gewichtsdifferenz wirklich nur mehr marginal, das Epic S-Works bringt weniger als 11 Kilogramm auf die Waage. Außerdem: bei Specialized werden 2013 nur noch die 29er Modelle angeboten. Ähnliches aus dem Hause Scott: für das soeben vorgestellte neue Scott Genius 2013 gibt es auch keine 26 Zoll Ausführung mehr, sondern nur noch 29er und den neuen 27,5 Zoll bzw. 650B Standard, das sogenannte Zwischenmaß zwischen 26 und 29 Zoll. Die Scale und Spark Modelle gibt es nach wie vor auch als 26er.
Im direkten Vergleich auf einer unserer Hausstrecken war das Plus an Grip des Epic 29er bergauf deutlich zu spüren. Das 29er war zusätzlich mit Tubeless ausgerüstet und wurde mit nur 1,9 bar Reifendruck gefahren. Das Specialized hat eine sehr tiefe Front und die 24:36 Übersetzung war für den sehr steilen Anstieg gerade noch ausreichend. Dies lieferte die perfekten Voraussetzungen um die Steigungen souverän zu meistern. Kein Durchdrehen der Räder, keine Unsicherheit, das 29er klettert wie ein 4x4 Offroader. Das 26er Spark (Schlauchreifen 2,2 bar Reifendruck) verlangt deutlich mehr Einsatz, um die Steigungen zu meistern. Das leichte Durchdrehen der Räder will pariert werden, der Drang zum Hochsteigen an der Front durch das Sitzen auf der Sattelspitze und das Vorbeugen des Oberkörpers ausgeglichen werden. Das verlangt dem Fahrer deutlich mehr Körpereinsatz ab. Technische Anstiege werden dadurch anstrengend.
Scott Spark Premium und Specialized Epic S-Works nach dem Vergleichstest |
Fazit: Die Entwicklung und Reife der 29er schreitet schnell voran und Fahrer ab einer Körpergröße von mindestens 170 cm treffen mit einem 29er die richtige Wahl. Vorausgesetzt das Budget lässt es zu, denn Spass macht die Sache nur im High End Bereich, denn die Einstiegsmodelle sind nach wie vor zu schwer, zu klobig, zu wenig agil. Für Einsteiger wird das klassische 26-Zoll-Hardtail nach wie vor die erste Wahl sein. Der neue 650B Standard (27,5 Zoll) mag theoretisch eine Verbesserung des 26 Zöllers darstellen, aber ob rund 3 Zentimeter mehr Raddurchmesser reichen, um einen neuen Standard zu etablieren, wage ich zu bezweifeln. Der Handel ist nämlich gerade erst dabei, den 29er Trend zu verdauen und zuviel sollte man ihm nicht zumuten.
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