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Wohin geht der Trend beim Mountainbiken?

Wandelt sich das Mountainbiken von einem Sport für Individualisten und Naturliebhaber zu einer Konsumware? Oder ist dieser Wandel vielleicht sogar schon geschehen? Verkommt das Mountainbike zu einem reinen Abfahrtsgerät und werden die Anstiege nur noch mit Liften und Bergbahnen bestritten? Ist dieses "neue Mountainbiken" das Skifahren von morgen?

Diese Fragen treiben mich letzthin immer wieder um. Immer dann, wenn ich die neuesten Ausgaben der Bike und der MountainBike in den Händen halte. Immer wenn ich beobachte, wie sich die Parts und die gesamte Ausrüstung der Biker zu Ungunsten des Gewichtes und immer stärker abfahrtsorientiert entwickeln. Und immer dann, wenn ich Biker mit "Fullface"-Helmen und Motocross-Ausrüstung in den Zeitschriften oder auf den Trails sehe.
Titelseiten der führenden MTB Magazine
Dabei möchte ich vorerst gar nicht bewerten, ob das gut oder schlecht ist. Tatsache ist, dass Mountainbiken dann nur noch wenig mit Naturerlebnis, Landschaft und einer gewissen Leichtigkeit zu tun hat. Das Mountainbiken wäre dann das Skifahren von morgen. Unten in den Lift rein, oben wieder raus, runterbrettern, wieder in den Lift rein, hochgondeln, raus, runterbrettern... Vielleicht auch eine Alternative zum Skifahren in Anbetracht des drohenden Klimawandels und der somit ausbleibenden Schneefälle.
Schwerpunkt abfahrtsorientiertes Mountainbiken
Das "neue Mountainbiken" wäre dann aber so unterschiedlich zum Mountainbiken im ursprünglichen Sinn, wie Alpinski im Vergleich zu Tourenski. Die Ausrüstung ist zwar ähnlich, bei beiden Sportarten muss man Skifahren können, aber im Aufstieg liegt der große Unterschied.

Hier fängt aber mein Dilemma an, denn wer den Skitourensport ausübt oder wer mit dem MTB die Berge hochfährt, hat ganz unzweifelhaft eine grundsätzlich andere Empfindung und Wahrnehmung, als der, der nur abfährt. Außerdem braucht es für den Uphill ganz andere körperliche Voraussetzungen - Kondition ist gefragt. 
Wann geht es wieder um einen richtigen Anstieg?
Das reine Abfahren hat mehr Anteile an Adrenalin, die Geschwindigkeit bringt kurze berauschende Momente. Das Abfahren wird durch den technischen Fortschritt grundsätzlich leichter (größere Laufräder, dickere Reifen, mehr Federweg, andere Geometrien, Flowtrails), trotzdem muss ein Mindestmaß an körperlicher Kraft und Fitness vorhanden sein. Der nur abfahrende Mountainbiker erfährt aber auch eine ganz andere Wahrnehmung durch andere Outdoorsportler, die Akzeptanz sinkt.
Wann gibt es wieder ein Gipfelbild als Titelbild?
Obwohl die Bilderwelt suggeriert, dass nur das bergab brettern "geil" ist, denke ich, dass das wenig nachhaltig ist. Nur wer sich eine schöne Abfahrt selbst erstrampelt hat, der kann nachvollziehen, wie unvergleichlich schön diese Abfahrt ist, wenn sie hart verdient wurde. Wie gesagt, im Anstieg liegt der Unterschied und hier scheidet sich die Spreu vom Weizen. Es braucht viel Training, um bergauf wirklich gut in die Gänge zu kommen. Aber ist eine bestimmte Grundkondition erreicht, kommt man bergauf durch die gleichmäßigen, rhytmischen Bewegungen ganz anders in den Flow. Und das muss man am eigenen Leib erfahren haben, um es zu verstehen.

Wann wird Landschaftsgenuss wieder zum Titelthema?
Der Ex-MTB-Profi Roland Stauder erklärt auf seiner Webseite www.stoneman.it: "Ich möchte die Natur genießen und möchte euch mitnehmen in eine Welt voller Emotionen, um euch das Gefühl zu geben, um das es uns Bikern eigentlich gehen sollte: nicht um Leistung, nicht um Technik, sondern um das Naturerlebnis".

Und genau hier hege ich meine Zweifel, ob die Entwicklung in die richtige Richtung geht. Denn beim reinen Downhill geht es nicht um dieses Naturerlebnis, sondern um Geschwindigkeit, den Kick und das Adrenalin, um Technik und Ausrüstung. Wissend, dass das Thema sicher kontrovers gesehen wird, lade ich zur Diskussion ein und freue ich mich auf viele Kommentare.


Kommentare

  1. Schoner Artikel Hubert! du hast in vielen Punkten gut argumentiert, nur müssen wir der Realität ins auge schauen....Wie viele junge Burschn die Stundenlang vor PC und Handy bringen wir dazu eine oder zwei Stunden den Berg hochzustrampeln um dann 15min. Adrenalien in der Abfahrt zu geniesen? ...und den Jungen Leuten geht es mittlerweile um den Kik und nicht um das Panorama am Berg...das wird nir mehr als Zusatz gewertet.
    Aber ich sehe auch das positve dahinter...viele Jungs und Mädels kommen durch das Trailfahren/Downhillen überhaupt wieder auf das Rad. Was ich bei mir im Shop feststelle ist dass die mal ein Downhillrad testen möchten aber zu guter letzt kaufen 90% ein Allmountain oder Endurobike wo sie auch den Berg hochradeln können, was mir sagt sie möchten nicht nur mit Liftanlagen den Berg bezwingen.
    Natürlich hat das gute alte Hardtail langsam ausgedient fern ab von der Rennsträcke da die Leute Spass mit Sport verbinden und nicht nur Körperliche Qualen.

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    1. Hallo Mike, danke für deine Anmerkungen. Es stimmt wohl, dass sich die jungen Leuten nicht mehr so gerne quälen. Von Seiten der Veranstalter des Sellaronda Hero wird z. B. verlautbart, dass das Durchschnittsalter der Teilnehmer an der Veranstaltung bei knapp vierzig Jahren liegt. Es scheint also wirklich so, dass sich vorwiegend die "alten" Mountainbiker lieber quälen, als die neuen/jungen Mountainbiker.

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    2. super geschrieben Hubert - finde diese Entwicklung auch - tja nicht gerade bedenklich, aber schade. Hat für mich fast gar nichts (mehr) mit Mountenbike zu tun, sich z.B. mit dem Auto oder Motorrad durch den Wald hoch zum Gipfel ziehen lassen und dann volles Rohr in die Trails zu stürzen - komme was da wolle, Biker oder Wanderer.

      Aber für diese Ansicht / Einsicht muss man wohl erst in einem bestimmten "fortgeschrittenen" Alter sein!

      War vor ein paar Wochen im Berchtesgadener Land - war schon toll, mal den Tacho über 70 schnellen zu sehen. So richtig stolz bin ich aber über diese verdammte, fast 7 km lange und bis zu 15% steile Rampe, die ich nach fast 1700 hm noch verdammt gut hoch gekurbelt habe. Das ist für mich MTB: knackige Anstiege zum auspowern, flowige Trails, technische Abschnitte und die Aussicht am Berg ;-)

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    3. Meine Rede! Danke für deinen Beitrag. Wie gesagt haben die "Bergauf-Fahrer" auch eine andere Akzeptanz bei den anderen Wegenutzern. Downhill ist konfliktträchtig, wenn die Wege nicht getrennt sind. Hoffentlich nimmt das nicht Überhand und damit auch die Konflikte.

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