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MTB-Rahmen: Alu oder Carbon?

Vor dem Kauf eines Mountainbikes muss man sich, wie schon oft dargelegt, über die geplante Verwendung des Bikes im Klaren sein - Downhill, Freeride, Enduro, All-Mountain, Tourenfully, Racefully oder Hardtail sind die gängigsten MTB-Kategorien. Letzthin muss man sich auch noch über die passende Radgröße Gedanken machen, 26, 27,5 oder 29 Zoll stehen zur Auswahl. 

Sind diese Entscheidung gefallen, dann wird man sich irgendwann über den Werkstoff des Rahmens klar werden müssen. Zur Auswahl stehen prinzipiell Stahl, Titan, Alu oder Carbon, manchmal auch Kombinationen dieser Materialien. Andere Materialien wie Holz, Bambus o. ä. sind Exoten und können außer Acht gelassen werden. Wird ein Bike nicht selbst auf einen nackten Rahmen aufgebaut, übernimmt meist der Hersteller diese Entscheidung, indem er für einen bestimmtes Modell bzw. ein Preissegment die Materialauswahl trifft.

Entscheidend sind folgende Kriterien: Verwendung, Gewicht, Steifigkeit, Haltbarkeit & Lebensdauer und vor allem der Preis. In den Kategorien Downhill, Freeride, Enduro, wo das Gesamtgewicht der Bikes eine untergeordnete Rolle spielt, wird meist auf Alu zurückgegriffen. Meine Bewertungen werden sich nachfolgend auf Bikes der Kategorien All-Mountain, Touren-/Racefully und Hardtail beziehen. 

Mittlerweile findet sich im High-End Bereich kaum mehr ein Anbieter, der nicht auf die neueste Carbon-Technologie baut. Ausnahmen bilden renommierte Hersteller von hochwertigen Rahmensets wie z. B. Liteville (Alu) oder Rewel (Titan), die beim jeweiligen Werkstoff eine sehr hohe Kompetenz aufgebaut haben und bei Alu bzw. Titan als Spezialisten gelten.

Alurahmen
Titanrahmen
 
Bei BMC werden die Topmodelle ausnahmslos mit Carbonrahmen angeboten, beim Hardtail Teamelite sind die zwei Topmodelle aus Carbon, die Modelle darunter dann aus Alu. Beim Racefully Fourstroke und beim All-Mountain Trailfox bestehen das Topmodell FS01/TF01 aus Carbon, das FS02/TF02 aus Carbon mit Aluschwinge und die Modelle darunter komplett aus Alu.

Bei Scott ist das ähnlich, beim Racefully Spark sind die Spitzenmodelle 610 und 620 bzw. 900 bis 930 aus Carbon, die Modelle ab 640 bzw. 940 sind aus Alu. Genauso ist es beim Hardtail Scale, das 600 bzw. 900 bis 630 bzw. 930 besticht mit einem Carbonrahmen, die Modelle ab 630/930 haben einen Alurahmen.

So geht es auch bei Cannondale weiter, z. B. das Scalpel 29er Ultimate, 1 und 2 haben Carbonrahmen, die günstigeren Modelle 3 un 4 Alurahmen. Ähnlich auch die F-Serie beim 26er und 29er jeweils die zwei bzw. vier Topmodelle mit Carbonrahmen, darunter gibt's Alurahmen.

Das Programm von Specialized sieht ähnlich aus. Im High End Bereich Carbon, in der mittleren und unteren Preislage Alu, ob beim Klassiker Stumpjumper, Stumpjumper FSR, Camber, überall das gleiche Bild.
Carbonrahmen
 
Man könnte hier weitere Hersteller zitieren, aber ich denke der Zusammenhang zwischen Rahmenmaterial und Preis ist hergestellt. Carbonrahmen sind aufwändiger in der Herstellung, lassen aber auch viele Möglichkeiten offen, ein Bike zwischen extrasteif oder komfortabel zu trimmen. Auch beim Gewicht bringt Carbon Vorteile, denn durch die Verwendung von unterschiedlichen Fasern und die Richtung der Carbonfasern in der Rahmenkonstruktion, lassen sich hervorragende technische Eigenschaften mit geringem Gewicht kombinieren. Bei Alurahmen konnten Gewichtseinsparungen nur durch immer dünnwandigere Rohre und Einsparungen beim eingesetzten Material erzielt werden. Das konnte natürlich nicht unendlich fortgesetzt werden, ohne Kompromisse bei der Steifigkeit der Rahmen einzugehen, somit ist hier ein natürliches Limit erreicht. Optisch ist bei Alurahmen durch die Hydroforming-Technologie mittlerweile sehr viel möglich und ein Alurahmen steht rein ästhetisch einem Carbonrahmen in nichts mehr nach. 

Was die Haltbarkeit und Lebensdauer angeht, so ist festzustellen, dass auch Carbonrahmen über die Jahre hinweg sehr zuverlässig sind. Schwere Stürze tun allerdings weder Alu- noch Carbonrahmen gut. Aber eine eingedrückte Delle in einem Alurahmen wird dessen Stabilität kaum beeinträchtigen, während ein Loch oder eine Quetschung des Materials beim Carbonrahmen die Stabilität empfindlich beeinflussen kann. Carbon kann man mittlerweile zwar reparieren und es gibt spezialisierte Betriebe, die den Rahmen sogar mit eigenen Verfahren auf Beschädigungen untersuchen können.

Sowohl bei Alu als auch bei Carbon gibt es Materialermüdung durch die andauernden Lastwechsel. Diesen bauen die Hersteller aber mit regelmäßigen Tests vor, um Gefahren eines plötzlichen Rahmenbruchs vorzubeugen. Aus den Vergleichstests geht hervor, dass Alu schneller ermüdet, sich ein Bruch aber durch Geräusche, Verformungen oder Risse ankündigt. Carbon ermüdet langsamer, aber durch die Ansammlung von minimalen, mit freiem Auge unsichtbaren, Faserbrüchen im Carbongewebe erfolgt der Crash fast unangekündigt und spontan. Kritische Stellen bei Carbonrahmen finden sich dort, wo andere Materialien in den Rahmen eingearbeitet werden, wie z. B. am Schaltauge, an der Bremsaufnahme oder am Flaschenhalter, diese können ausreißen und den Rahmen unbrauchbar machen. Bei der Montage von Anbauteilen ist unbedingt auf die Klemm- bzw. Anziehkräfte zu achten, Profis verwenden deshalb einen Drehmomentschlüssel.

Die Hersteller der Edel-Mountainbikes geben auf ihre Rahmen unterschiedliche Garantieleistungen. Vorbildlich ist hier Cannondale, dort gibt es auf alle Rahmen eine lebenslange Garantie für den Erstbesitzer. Der Versender Canyon bietet 6 Jahre Gewährleistung, Ghost, Cube, Specialized eine Garantie von 5 Jahren, Scott ebenso fünf Jahre bei dokumentierter jährlicher Wartung, ohne Wartung 3 Jahre. Viele Hersteller wie etwa  Trek, Scott, Canyon oder Haibike bieten zudem ein sogenanntes "crash replacement" an, d. h. dass bei einem Bruch durch Sturz oder Unfall ein gleichwertiger Rahmen mit einem Rabatt von 50 Prozent auf den Listenpreis erstanden werden kann. 
 
Schreckgespenst Carbonrahmenbruch - kaum zu fürchten
 
Fazit: Wenn der Preis keine Rolle spielt und ein geringes Gewicht angestrebt wird, dann bieten Carbonrahmen die Möglichkeit rund 500 Gramm gegenüber einem Alurahmen einzusparen. Außerdem können durch die Verwendung unterschiedlicher Fasern vom Hersteller gezielt die Eigenschaften eines Mountainbikes - von komfortabel bis supersteif - beeinflusst werden. Für die Verwendung des Bikes gibt es keine Einschränkungen durch das Rahmenmaterial, man kann mit einem Carbonrahmen problemlos einen Alpencross oder ein Cross-Country-Rennen bestreiten. Außerdem - ein MTB wird man kaum länger als 10 Jahre fahren und diese Zeitspanne übersteht ein Carbonrahmen locker.


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