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Mountainbike - quo vadis?

Immer noch keine Schneeschmelze auf meinen Hometrails. Über 1.600 Metern Meereshöhe, an schattigen Stellen auch tiefer, hält sich der Schnee hartnäckig und will die Touren noch nicht freigeben. So bleiben als Alternativen die sanften Touren in tieferen Lagen, etwas Ausdauer- und Techniktraining und viel Platz zum Sinnieren über die Entwicklung des Mountainbikens.
In den letzten Jahren wurde sehr viel über die "richtige" Laufradgröße diskutiert, aus ursprünglich einer, wurden zwei und nunmehr sogar drei Laufradgrößen (26, 29 und 27,5 Zoll). Und schon vorher war ein technisches Aufrüsten auszumachen, aus den schlichten Hardtails von damals wurden Fullys mit immer mehr Federweg, massiveren Rahmen, fetteren Reifen und die Erfolge in der Gewichtsreduzierung durch die Verwendung von neuen Materialien wurden zusehends durch immer mehr Anbauteile verspielt.

Damit wurde zwar erreicht, dass Fahrer, die mit einem Hardtail nicht einmal einen groben Almweg hinunterkommen würden, mit Integralhelm, Schienbein-, Ellbogen-, Schulter- und Rückenschutz bewehrt, sich die steilsten Trails hinabstürzen, dass einem Hören und Sehen vergehen kann. Eine gute Fahrtechnik wird mit viel Biketechnik ersetzt. Die Bikes, die das möglich machen, nennen sich jetzt Enduros, haben Federwege von über 180 Millimetern, wiegen mehr als 14 Kilos und sind bergauf nur sehr schwer zu bewegen. Und weil sich diese Brocken nur abwärts gut fahren, braucht es Bergbahnen, Bike-Shuttles oder andere Aufstiegshilfen, die diese Downhill-Fahrten ermöglichen. Nur mit den selber erarbeiteten Höhenmetern im Anstieg wäre wohl kaum ein Fahrer dieser Schwergewichte zufrieden.

Zum Ganzen gehört eine gehörige Portion Selbstinszenierung, mit der Helmkamera wird alles festgehalten. Die flatternden Shorts und weiten Shirts sind zwar unpraktisch, aber cool und es ist ein Muss, diese Selbstdarstellung in den sozialen Netzwerken zu zelebrieren. Der eigentliche Genuss am Biken, der Berg, die Herausforderung, der Schweiß, das Körpergefühl, das Naturerlebnis und der Sport an sich treten in den Hintergrund. Ob die neuen Fatbikes ein Anzeichen für eine neue Einfachheit beim Mountainbiken sind oder einfach nur ein weiterer Schritt in der bedenklichen Entwicklung des Mountainbikens zum Fun- und Wegwerfartikel, bleibt abzuwarten.

Durch die immer schnellere Entwicklung wird das Mountainbike mehr und mehr zu einem  schnelllebigen Wegwerfartikel degradiert. Mir ist klar, dass das die Meinung eines "alten" Mountainbikers ist, schließlich praktiziere ich seit 27 Jahren diesen Sport und gehöre damit zur ersten Generation der Mountainbiker. Ich bin sehr technikbegeistert und habe Neuerungen, die Sinn machen, stets gerne angenommen. Aber im Zentrum der Aufmerksamkeit sollte dennoch der Sport und die Bewegung in der Natur sein und nicht das sinnlose und abfahrtslastige Aufrüsten.

Man muss nicht auf jeden Trend anspringen, weniger ist oft mehr (siehe Beitrag)!




Kommentare

  1. Da gibt es nichts hinzuzufügen!

    Downhiller sind eine eigene Spezies, trotzdem haben sie für sich ihre Daseins-Berechtigung.
    Ich persönlich betreibe den Sport eher auf Deine Art und Weise und genieße den vollen Umfang, den eine tolle Tour in den Bergen bietet. Und um den Genuss zu vervollständigen habe ich es mir abgewöhnt, mir Gedanken über die Einstellung und die Motivation anderer zu machen - das entspannt :-)

    Toller Blog, bin regelmäßig am Schauen wenn mich die Seele mal wieder aus dem grauen Büro-Alltag nahe Berchtesgaden ins wunderschöne Bike-Paradies Südtirols zieht.

    Viele Grüße

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  2. Danke fürs Kompliment. Mir geht es so, dass mir beim Biken meistens alle Sorgen dieser Welt entschwinden und sich meine Gedanken ganz frei zu einem Thema formen, das ich dann zum Ausdruck bringen will. Und wenn mir sonst niemand zuhört, schreibe ich eben... ;-)

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