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MTB: Die richtige Reifenwahl

Wenn wir über Mountainbiketechnik sprechen, dann darf sich die Diskussion nicht auf die Laufräder und die Laufradgrößen, die Schaltungen, Federgabeln, Dämpfer, Bremsen usw. beschränken. Einer der wichtigsten Komponenten am Mountainbike sind die Reifen, denn sie sorgen für die richtige Bodenhaftung. So kann etwa eine schlechte Reifenwahl ein Top-Bike zum Durchschnittsbike degradieren, umgekehrt kann eine durchdachte Reifenwahl auch einem mittelklassigen Mountainbike zu exzellenten Fahreigenschaften verhelfen. 
Der MTB-Reifen entscheidet über die Fahreigenschaften
Es gibt keine Rechtfertigung, seinem Lieblingssportgerät nur einen zweitklassigen Reifen zu spendieren, denn die Auswahl ist groß und nicht immer eine Frage des Preises. Sowohl beim Fachhändler als auch im Online-Handel gibt es immer wieder interessante Angebote, damit man günstig zu einem Top-Reifen kommt. Die Listenpreise für einen guten MTB Reifen 29/27,5/26x2,2 liegen bei rund 55 Euro, das ist nicht gerade wenig. Im Rahmen von Sonderangeboten bekommt man für dieses Geld jedoch ein Reifenpaar. Die Reifenwahl sollte sich in erster Linie an der beabsichtigten Nutzung des Bikes orientieren. Ob Cross Country, All Mountain oder Freeride/Enduro - die Bedürfnisse sind unterschiedlich - niedriges Gewicht, wenig Rollwiderstand, Pannensicherheit oder souveräne Bodenhaftung, könnten die Auswahlkriterien sein. 

Bei den nachfolgenden Bewertungen nehme ich vorwiegend auf mein persönliches Bikeverhalten Bezug, also die Nutzung des Bikes für Tagestouren im alpinen Gelände mit hohem Trailanteil, Auffahrt ausschließlich mit Muskelkraft. Oder für die schnelle Feierabendrunde mit 1.000 Höhenmeter Auf- und Abfahrt. Das bedeutet, dass es bergauf und bergab guten Grip braucht, das Material pannensicher, aber nicht allzu schwer sein soll. Die wichtigsten Anbieter von MTB-Reifen sind Schwalbe, Continental, Maxxis, Michelin, Kenda u. a. m. Außerdem bieten einige Bike- und Zubehörhersteller ihre eigenen Reifen an, die in Auftragsfertigung bei den großen Reifenproduzenten gefertigt werden.
Reifenauswahl von Continental

Reifenauswahl von Schwalbe

Reifenauswahl von Maxxis

Schmal oder breit?

Meine Antwort darauf ist ganz klar - im Zweifelsfall lieber breit. Auch mein superleichtes Scott Spark fräst auf breiteren Reifen (vorne Continental Mountain King II 2,4 Protection, hinten Continental Mountain King II 2,2) viel souveräner die Trails hinunter, als auf den originalen Schwalbe Rocket Ron in 2,2 Zoll. Sinn machen auch unterschiedliche Reifendimensionen und Profile für Vorder- bzw. Hinterrad.

Leicht oder schwer?

Natürlich sollte ein Reifen nicht zu schwer sein, denn die rotierende Masse soll möglichst gering gehalten werden. Auch mein Spark hat durch die fettere Bereifung rund 500 Gramm an Gewicht zugelegt, aber jedes einzelne Gramm zahlt das auf den Abfahrten durch kompromisslose Bodenhaftung zurück. Wenn viel Wert auf Pannensicherheit gelegt wird, lohnt es sich noch ein paar zusätzliche Gramm in die pannensicheren Varianten mit verstärktem Flankenschutz zu investieren. Bei Conti nennt sich das Protection, bei Schwalbe Snake Skin, bei Maxxis Exo. Zwischen der Normalversion und der mit verstärkten Seitenflanken liegt meist eine Gewichtsdifferenz von weniger als 100 Gramm. Das Profil soll grobstollig gewählt werden, zu feine Profile bieten bei schwierigen Bedingungen zu wenig Grip.

Welche Gummimischung?

Hände weg von den billigeren Varianten, bei Conti und Schwalbe nennen sich diese "Performance". Besser ist es, zu den hochwertigen Gummimischungen zu greifen, zur Evo Serie bei Schwalbe oder zu Black Chili bei Continental.

Wieviel Luftdruck?

Es gibt eine einfach Gleichung - weniger Luftdruck ist gleich mehr Grip und weniger Rollwiderstand. Die Sache hat aber physikalische Grenzen, denn bei einem Luftdruck unter 1,5 bar besteht die Gefahr, dass der Reifen zu wenig Seitenhalt bietet, seitlich wegknickt oder sogar von der Felge springt. Bei mit zu wenig Luftdruck gefahrenen Tubeless Systemen kann ein plötzlicher Luftverlust gepaart mit einem Abwurf des Reifens von der Felge auftreten. Aus diesem Grund geben einige Hersteller auch einen empfohlenen Mindestdruck an, der meist zu hoch (Conti 3,5 - 4,5 bar, Schwalbe 1,8 - 3,7 bar) bemessen ist. Mit 3,5 bar Reifendruck wird ein MTB im Gelände unfahrbar, aber diese Empfehlung nimmt die Hersteller aus der Haftung, sollte mal ein Reifen abspringen. Selber fahre ich mit 1,8 bis 2,0 bar, je nach Untergrund. Wird ein Reifen zu hart aufgepumpt, steigt der Rollwiderstand deutlich an und der Grip lässt spürbar nach. Fährt man mit zu wenig Luftdruck, fährt sich das MTB schwammig und es besteht die Gefahr des Durchschlagens und des Reifenabwurfs von der Felge.

Schlauch oder schlauchlos?

Das ist wohl eine Glaubensfrage. Selber fahre ich ausschließlich mit Schlauch, denn ich kann keinen Nachteil bezüglich Rollverhalten, Grip und möglichem Mindestluftdruck feststellen. Das Fahren mit Schlauch hat auf Tour den Vorteil, dass bei einer Panne schnell gewechselt werden kann. Wer jemals zur Behebung eines Luftdefektes unterwegs bei einem Tubeless System auf einen Schlauch zurückgreifen musste, weiß wovon ich spreche. Wenn die Dichtmilch und  die zusätzliche Schaumfüllung nicht abdichtet, dann geht die Sauerei los, Reifenabziehen, Ventil entfernen, Reifen innen reinigen, Schlauch einlegen, das kostet enorm viel Zeit und ist eine klebrige und schmierige Angelegenheit. Zudem ist die Dichtmilch  meist inkompatibel mit CO2 Patronen, somit braucht es immer eine Luftpumpe zum nachpumpen.

Neues Felgen-Reifen-Konzept B+

Ein Hersteller (WTB - Vorreiter bei 29er Reifen) hat ein neues Laufradkonzept in der Schublade, dieses hat das Zeug, das Mountainbiken erneut gewaltig zu verändern oder gar zu revolutionieren. Auf der Basis der bestehenden Rahmen-, Achs- und Tretlagermaße wird eine einzigartige Felgen-Reifen-Kombination angeboten. Felgen mit einer Maulweite von 25 - 45 mm werden mit 2,8 Zoll breiten Reifen kombiniert. Durch die breiteren Felgen wird das Profil breiter, das Volumen und die Aufstandfläche der Reifen größer. Das bringt ein Plus an Dämpfung und Bodenhaftung. Ob sich das System durchsetzen wird, bleibt abzuwarten. Jedenfalls schätze ich das Potenzial von B+ für den MTB-Sport deutlich höher ein, als für Fatbikes, die wohl eher beim - zugegeben effektvollen - Showbike Status verharren werden.

FAZIT: Die richtige Reifenwahl ist eine der wichtigsten Entscheidungen bei der Ausstattung bzw. Nachrüstung des MTB, denn sie beeinflusst das Fahrverhalten ganz entscheidend. Bei Marathonrennen hat ein Mindestmaß an Pannensicherheit ganz klar Priorität vor geringstem Gewicht, denn es ist fast unmöglich die Zeit, die man durch eine Panne verliert, wieder aufzuholen. Auf Tour ist es nicht nur für den Biker, sondern auch für die Bikerkollegen ärgerlich, wenn durch dauernde Pannen ständige Stopps erzwungen werden. Hier geht Pannensicherheit ganz klar vor Gewicht. Auf Tour muss übrigens jeder Biker sein eigenes Pannenset dabeihaben, man hilft sich zwar gerne aus, aber nur Schnorren geht gar nicht!  


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